Baurecht

Baurecht Glossar
1. Definition und Bedeutung
2. Öffentliches Baurecht
2.1. Bauplanungsrecht
2.2. Bauordnungsrecht
3. Privates Baurecht
4. Bauvertragsarten
5. Bauverfahren und Genehmigungen
6. Mängel und Haftung
7. Rechtsschutz
8. Versicherungen im Bauwesen
9. Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen
10. Praxisbeispiel: Ein Bauprojekt von der Planung bis zur Fertigstellung
Schritt 1: Vorbereitung und Planung
Schritt 2: Bauantrag
Schritt 3: Genehmigungsverfahren
Schritt 4: Bauausführung
Schritt 5: Abnahmen und Fertigstellung
Schritt 6: Mängelansprüche und Gewährleistung
Fazit

Baurecht Glossar

1. Definition und Bedeutung

Das Baurecht umfasst die Gesamtheit der Rechtsnormen, die das Bauen regeln. Es unterteilt sich in zwei Hauptbereiche: das öffentliche Baurecht und das private Baurecht. Während das öffentliche Baurecht die Beziehungen zwischen dem Bauherrn und der öffentlichen Hand (Staat, Kommunen) regelt, beschäftigt sich das private Baurecht mit den rechtlichen Beziehungen zwischen privaten Parteien, wie Bauherren, Architekten, Bauunternehmern und Nachbarn. Ziel des Baurechts ist es, eine rechtliche Grundlage für die Planung, Genehmigung, Ausführung und Nutzung von Bauvorhaben zu schaffen, um geordnete und nachhaltige Bautätigkeiten zu gewährleisten.

2. Öffentliches Baurecht

Das öffentliche Baurecht ist in Deutschland vor allem durch zwei Hauptbereiche geprägt: das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht.

2.1. Bauplanungsrecht

Das Bauplanungsrecht regelt die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bodennutzung und bauliche Nutzung von Grundstücken. Es umfasst unter anderem:

Baugesetzbuch (BauGB): Das BauGB bildet das Kernstück des Bauplanungsrechts und enthält Regelungen zur Bauleitplanung, zum Planaufstellungsverfahren und zur Bodenordnung.

Baunutzungsverordnung (BauNVO): Die BauNVO ergänzt die Bestimmungen des BauGB und definiert die zulässige Art und das Maß der baulichen Nutzung sowie die Bauweise und überbaubare Grundstücksfläche.

Flächennutzungsplan und Bebauungsplan: Diese Pläne sind wesentliche Instrumente des Bauplanungsrechts, die die zulässige Nutzung von Flächen und Grundstücken festlegen.

2.2. Bauordnungsrecht

Das Bauordnungsrecht regelt die technischen und sicherheitsrelevanten Anforderungen an bauliche Anlagen sowie die Verfahren zur Erlangung von Baugenehmigungen. Wichtige Bestandteile sind:

Landesbauordnungen (LBO): Die Bauordnungen der einzelnen Bundesländer enthalten spezifische Vorschriften zu Bauausführung, Brandschutz, Abstandsflächen, Statik, Schallschutz und anderen technischen Anforderungen.

Sonderbauverordnungen: Diese Verordnungen regeln besondere Anforderungen für spezielle Bauwerke wie Hochhäuser, Krankenhäuser und Versammlungsstätten.

Bauvorlagenverordnung: Diese Verordnung enthält die Anforderungen an die einzureichenden Bauvorlagen (Pläne, Berechnungen, Nachweise) im Zusammenhang mit Bauanträgen.

3. Privates Baurecht

Das private Baurecht befasst sich mit den Rechtsbeziehungen zwischen privaten Parteien im Zusammenhang mit Bauprojekten. Es umfasst unter anderem:

Werkvertragsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB): Dieses regelt die Vertragsbeziehungen zwischen Bauherrn und Bauunternehmer. Das Werkvertragsrecht ist in den §§ 631 bis 650 BGB verankert und enthält Regelungen zu Leistungspflichten, Mängelansprüchen und Vergütungen.

Vergaberecht: Das Vergaberecht regelt die Voraussetzungen und Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge. Es soll Transparenz, Nichtdiskriminierung und Wettbewerb sicherstellen.

VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B): Die VOB/B ist ein spezieller Vertragsstandard im Bauwesen, der vielfach Anwendung findet. Sie enthält detaillierte Regelungen zu Vertragsinhalten, Mängelansprüchen und Abrechnungen.

4. Bauvertragsarten

Im privaten Baurecht gibt es verschiedenen Vertragsarten, die je nach Projektanforderungen und Beteiligten zur Anwendung kommen:

Einheitlicher Bauvertrag: Hierbei wird ein Bauvorhaben als Ganzes von einem Generalunternehmer ausgeführt, der seinerseits Subunternehmen beauftragen kann. Der Bauherr hat nur einen Vertragspartner.

Teillosvergabe: Das Bauvorhaben wird in einzelne Gewerke unterteilt, für die jeweils separate Verträge mit unterschiedlichen Unternehmen abgeschlossen werden. Der Bauherr koordiniert die einzelnen Arbeiten.

Schlüsselfertigbauvertrag: Der Unternehmer verpflichtet sich, das Bauvorhaben komplett fertigzustellen und dem Bauherrn „schlüsselfertig“ zu übergeben. Meist enthalten solche Verträge Pauschalpreise für die gesamten Bauleistungen.

Architektenvertrag: Der Bauherr schließt einen Vertrag mit einem Architekten zur Planung und Überwachung des Bauvorhabens. Der Architekt haftet für Planungsfehler und übernimmt die Bauüberwachung.

5. Bauverfahren und Genehmigungen

Ein Bauvorhaben bedarf in der Regel einer Baugenehmigung, die durch ein formelles Verfahren erteilt wird:

Bauantrag: Der Bauherr oder sein Beauftragter (z. B. Architekt) stellt einen Bauantrag bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde ein. Der Antrag enthält alle notwendigen Bauvorlagen wie Pläne, Berechnungen und Nachweise.

Prüfung und Bescheid: Die Bauaufsichtsbehörde prüft den Bauantrag auf Einhaltung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorgaben. Bei positivem Bescheid wird die Baugenehmigung erteilt, die zur Ausführung des Bauvorhabens berechtigt.

Baubeginnanzeige: Vor dem Baubeginn muss der Bauherr den Baubeginn bei der Bauaufsichtsbehörde anzeigen. Diese überwacht dann die Bauausführung.

Schlussabnahme: Nach Fertigstellung des Bauvorhabens erfolgt eine Schlussabnahme durch die Bauaufsichtsbehörde. Erst nach erfolgreicher Abnahme darf die bauliche Anlage genutzt werden.

6. Mängel und Haftung

Ein zentrales Thema im privaten Baurecht sind Baumängel und daraus resultierende Haftungsfragen:

Mängelansprüche: Der Bauherr hat bei Vorliegen von Mängeln an der Bauleistung Anspruch auf Nacherfüllung, Minderung des Werklohns, Schadenersatz oder Vertragsrücktritt (§§ 634 ff. BGB bzw. § 13 VOB/B).

Gewährleistungsfristen: Im Werkvertragsrecht gelten bestimmte Gewährleistungsfristen, innerhalb derer Mängelansprüche geltend gemacht werden können. Diese Fristen betragen in der Regel vier oder fünf Jahre nach Abnahme des Bauwerks.

Haftung: Neben der Mängelhaftung können Architekten und Bauunternehmen auch für Planungs- und Überwachungsfehler haftbar gemacht werden. Eine sorgfältige Dokumentation und regelmäßige Kontrollen sind daher unerlässlich.

7. Rechtsschutz

Rechtliche Konflikte im Bauwesen können durch verschiedene Verfahren geklärt werden:

Mediation: Im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung kann eine Mediation helfen, Konflikte auf einvernehmliche Weise zu lösen. Ein Mediator unterstützt die Parteien bei der Findung einer gemeinsamen Lösung.

Schiedsgerichte: Für komplexe Bauvorhaben werden häufig Schiedsgerichte vereinbart, die eine schnelle und spezialisierte Entscheidung bieten. Schiedsverfahren sind nicht öffentlich und die Entscheidungen sind bindend.

Gerichtliche Verfahren: Bei unlösbaren Konflikten steht der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. In der Regel sind die Landgerichte für Bauprozesse zuständig. Bei besonders hohen Streitwerten oder großer Komplexität kann auch das Oberlandesgericht angerufen werden.

8. Versicherungen im Bauwesen

Im Bauwesen spielen verschiedene Versicherungen eine wesentliche Rolle, um Risiken zu minimieren und finanzielle Schäden abzusichern:

BauherrenhaftpflichtVersicherung: Diese Versicherung schützt den Bauherrn vor Haftungsansprüchen, die aus Schäden Dritter während der Bauphase resultieren können.

Bauwesenversicherung: Eine Bauwesenversicherung deckt Schäden am Bauwerk selbst ab, die während der Bauzeit durch unvorhersehbare Ereignisse entstehen, wie z. B. Unwetter, Vandalismus oder Materialfehler.

Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Ingenieure: Diese Versicherung schützt Planer und Bauleiter vor den finanziellen Folgen von Planungs- und Überwachungsfehlern.

Betriebshaftpflichtversicherung für Bauunternehmen: Diese Versicherung deckt Schäden ab, die durch die Tätigkeit des Bauunternehmens verursacht werden, einschließlich Personenschäden, Sachschäden und Vermögensschäden.

9. Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen

Nachhaltiges Bauen: Angesichts des Klimawandels und der Ressourcenschonung gewinnt das nachhaltige Bauen zunehmend an Bedeutung. Dies umfasst ökologische Baustoffe, energieeffiziente Gebäude und ressourcenschonende Bauweisen. Auch das Baurecht passt sich diesen Entwicklungen an, etwa durch Vorgaben zur Energieeinsparung und Nachhaltigkeitszertifikate.

Digitalisierung im Bauwesen: Mit der fortschreitenden Digitalisierung werden viele Prozesse im Bauwesen verändert. Building Information Modeling (BIM) ermöglicht die digitale Planung und Koordination von Bauvorhaben. Auch genehmigungsrechtliche Verfahren und Bauakten werden zunehmend digitalisiert.

Modulares Bauen und serielles Bauen: Angesichts der Wohnraumknappheit in städtischen Gebieten gewinnen modulare und serielle Bauweisen an Bedeutung. Diese Bauweisen ermöglichen eine schnellere und wirtschaftlichere Erstellung von Gebäuden und erfordern spezifische rechtliche Regelungen.

10. Praxisbeispiel: Ein Bauprojekt von der Planung bis zur Fertigstellung

Schritt 1: Vorbereitung und Planung

Ein Bauherr plant den Bau eines Einfamilienhauses. Zunächst wird ein Architekt beauftragt, der die ersten Entwürfe und Planungen erstellt. Der Architekt berücksichtigt dabei die Wünsche des Bauherrn sowie die geltenden bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorgaben.

Schritt 2: Bauantrag

Der Bauherr oder sein Architekt stellt einen Bauantrag bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde. Der Antrag enthält alle erforderlichen Bauvorlagen, einschließlich der Pläne, Berechnungen und Nachweise.

Schritt 3: Genehmigungsverfahren

Die Bauaufsichtsbehörde prüft den Bauantrag auf Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Eventuell werden weitere Unterlagen oder Anpassungen gefordert. Nach erfolgreicher Prüfung erteilt die Behörde die Baugenehmigung.

Schritt 4: Bauausführung

Nach Vorlage der Baubeginnanzeige und eventueller weiterer Genehmigungen (z.B. für den Anschluss an das Versorgungsnetz) kann der Bau beginnen. Der Bauherr beauftragt geeignete Bauunternehmen und überwacht die Bauausführung durch seinen Architekten oder einen Bauleiter.

Schritt 5: Abnahmen und Fertigstellung

Während der Bauphase erfolgen regelmäßige Baustellenbesichtigungen und Teilabnahmen. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird das Bauvorhaben durch die Bauaufsichtsbehörde schlussabgenommen. Erst danach darf das Gebäude genutzt werden.

Schritt 6: Mängelansprüche und Gewährleistung

Sollten nach der Fertigstellung Mängel auftreten, hat der Bauherr Anspruch auf Nacherfüllung oder andere vertraglich geregelte Ansprüche. Die Gewährleistungsfristen sind zu beachten, um rechtzeitig Mängelansprüche geltend zu machen.

Fazit

Das Baurecht ist ein umfassendes und komplexes Rechtsgebiet, das alle Aspekte der Planung, Genehmigung, Ausführung und Nutzung von Bauvorhaben regelt. Es stellt sicher, dass bauliche Aktivitäten in geordneten Bahnen verlaufen und die Interessen aller Beteiligten - einschließlich des öffentlichen Interesses - gewahrt bleiben. Ob durch die umfassenden Regelungen des öffentlichen Baurechts, die spezifischen Bestimmungen des privaten Baurechts oder die Vorgaben für Versicherungen und nachhaltiges Bauen: Das Baurecht sorgt für rechtliche Sicherheit und ermöglicht eine nachhaltige und sichere Bautätigkeit.

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